7. Januar 2021

Ein (weiterer) wegweisender Entscheid des Verwaltungsgerichts

Am 17. November 2020 fällte das Verwaltungsgericht erneut einen wegweisenden Entscheid zugunsten eines unserer Mitglieder, von dem voraussichtlich noch viele werden profitieren können. Das Urteil weist eine offenkundig rechtswidrige Praxis beim Abzug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung von der Abfindung unmissverständlich in die Schranken.

Rolf Bosshard, Koordination Rechtsunterstützung VStA-MVZ

„Sparen“ bei den Abfindungen

„Von der Begrenzung der Abfindung auf maximal neun Monatslöhne erhofft man sich seitens der Befürworter zudem beträchtliche finanzielle Einsparungen für den Kanton Zürich“ (Bericht der STGK KR-Nr. 298a/2017, Hervorhebung R.B.) Mehr sei dazu eigentlich nicht zu sagen, schrieb ich im Qi 20/3. Dieser Meinung bin ich noch immer. Allerdings gilt es zu ergänzen, dass der Kantonsrat inzwischen der Parlamentarischen Initiative in zweiter Lesung am 14. Dezember 2020 – also mitten in der Budgetdebatte – definitiv mit 103 zu 61 Stimmen zugestimmt hat.

Bei der Bemessung der Abfindungsansprüche begann das systematische „Sparen“ bei den Abfindungen allerdings bereits vor Jahren. In einer mir vorliegenden Verfügung steht in akzentfreiem Behördendeutsch:

„Gestützt auf die Praxis des Personalamts wird bei der Ermittlung der Abfindung vom Minimum des Abfindungsrahmens ausgegangen. Davon ausgehend können die persönlichen Verhältnisse abfindungserhöhend berücksichtigt werden“ (Hervorhebung R.B.).

Bis 2011 hatte das Personalamt empfohlen, im Einzelfall von der Mitte des jeweiligen Abfindungsrahmens auszugehen und die persönlichen Verhältnisse abfindungserhöhend oder -reduzierend zu berücksichtigen. In der uneinheitlichen Praxis der verschiedenen Direktionen wurden abfindungsmindernde Tatsachen aber offenbar kaum berücksichtigt. Kurz, die Praxis war einfach zu grosszügig und wurde umgehend geändert. Seither sind die Erwartungen an die ausführenden Ämter unmissverständlich.

Gemäss § 16g Abs. 3 VVO sind insbesondere auch die Arbeitsmarktchancen angemessen zu berücksichtigen. Wer nun aber meint, die tatsächlichen Arbeitsmarktchancen einer entlassenen Mittelschullehrperson würden sorgfältig und realitätsnah evaluiert, täuscht sich gewaltig. Viel zu aufwändig! Wer über einen Hochschulabschluss und gar noch das Höhere Lehramt verfügt, hat ipso facto hervorragende Arbeitsmarktchancen, völlig unabhängig von den unterrichteten Fächern und bis zu einem ziemlich fortgeschrittenen Alter. Dass der Kanton für MLP praktisch der Monopolarbeitgeber ist, wird zwar von niemandem ernsthaft bestritten, findet aber keinerlei Berücksichtigung bei der Berechnung der Abfindung. Diese Praxis wurde vom Verwaltungsgericht bedauerlicherweise geschützt.

Grosszügige Kürzungen

„Abfindungen sollen künftig immer dann gekürzt werden können, wenn während der Abfindungsdauer ein neues Einkommen erzielt wird. Bisher galt diese Regelung nur für Mitarbeitende, die wieder eine Anstellung beim Kanton fanden“ (PaRat 79/2004).

Der PaRat-Artikel informierte im Dezember 2004 über den ersten bedeutenden Leistungsabbau bei den Abfindungen durch Regierungs- und Kantonsrat im Kontext des für die Mittelschulen besonders schmerzhaften Leistungsabbaus SAN 04.

Das MBA ging in dem hier diskutierten, konkreten Fall allerdings bei der Kürzung noch einen Schritt weiter. Bei Kürzungen fällt es offensichtlich leichter, „grosszügig“ zu sein als bei der Berücksichtigung abfindungserhöhender Faktoren. So wurden auch die Taggelder der Arbeitslosenversicherung zu 50 % abgezogen, unter explizitem Verweis auf § 26 Abs. 5 PG und § 17 Abs. 4 VVO als gesetzlicher Grundlage. Allerdings ohne die einschlägigen Gesetzesbestimmungen genauer zu lesen. Die sind nämlich präzise und unmissverständlich. Ob das MBA dabei Weisungen des Personalamtes befolgte oder einfach dessen diesbezügliche Praxis übernahm, entzieht sich unserer Kenntnis. Entsprechende Hinweise fehlen in der Verfügung. Es gibt ferner auch keinerlei Hinweise, dass das MBA in diesem konkreten Einzelfall von der üblichen Praxis abwich.

Offenkundig rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht qualifiziert den Abzug der Hälfte der Taggelder der Arbeitslosenversicherung als „offenkundig rechtswidrig“ (VB.2020.00652, E. 3.4). Die Rechtswidrigkeit des Abzugs ist mit anderen Worten so leicht erkennbar, dass sie eigentlich gar nicht übersehen werden kann, insbesondere nicht von einem Profi mit entsprechenden Rechtskenntnissen, eine unabdingbare Voraussetzung für den Erlass von Verfügungen.

Die Offenkundigkeit der Rechtswidrigkeit ist nach Einschätzung des Verwaltungsgereichts dreifacher Art:

 „Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt sich eindeutig, dass nur Einkommen aus dem Erwerb und nicht auch Einkommen aus Taggeldern der Arbeitslosenversicherung anzurechnen ist“ (VB.2020.00652, E. 3.4).

Effektiv präzisiert die Vollzugsverordnung zum Personalgesetz zwei Mal (in Absatz 3 und in Absatz 4) mit aller nur wünschbaren Deutlichkeit, dass sich die Abzugsmöglichkeit ausschliesslich auf Erwerbseinkommen bezieht (§ 17 Abs. 3 und 4 VVO). Dies zu überlesen, ist nur schwer vorstellbar, die erforderliche Sorgfalt natürlich vorausgesetzt.

 „Zum gleichen Schluss führt eine systematische Betrachtung: Im Lichte von Abs. 3, den die Regelung von Abs. 4 ergänzt, kann eine Kürzung nur infrage kommen, wenn das Erwerbseinkommen aufgrund einer neuen Stelle erzielt wird“ (VB.2020.00652, E. 3.4, Hervorhebung R.B.).

Die Formulierung in Absatz 3 ist tatsächlich unmissverständlich, ein entsprechender Irrtum eigentlich ausgeschlossen.

 „Schliesslich widerspricht die Auslegung des MBA auch der ratio legis der Abfindung. Diese dient neben ihrer Funktion als Anerkennung für die geleisteten Dienstjahre insbesondere als Überbrückungshilfe für die Zeit nach dem Stellenverlust (VGr, 12. März 2020, VB.2019.00629, E. 3.4 mit Hinweisen, vgl. auch ABl 1996, 1154 ff.) und ergänzt damit die Leistungen der Arbeitslosenversicherung (VB.2020.00652, E. 3.4, Hervorhebung R.B.).

Das Verwaltungsgericht hat in den letzten Jahren wiederholt Entscheide zu Fragen rund um die rechtskonforme Berechnung von Abfindungsansprüchen gefällt und in der Entscheiddatenbank veröffentlicht. Ferner waren diese Fragen wiederholt Thema im PaRat, dem Informationsorgan des Personalamtes. Die entsprechenden Artikel sind über das öffentlich zugängliche „Handbuch Personalrecht“ des Personalamtes unter dem Stichwort Abfindungen leicht zu finden, selbst für juristische Laien.

Welche Lehren aus dieser Erfahrung zu ziehen sind, liegt auf der Hand. Es gilt die Praxis der Behörden noch viel konsequenter und systematischer auf ihre Rechtmässigkeit zu überprüfen. Lange Zeit gingen wir in der Regel davon aus, dass sich deren Praxis auf die geltenden gesetzlichen Bestimmungen stützt, auf die in den Verfügungen ja jeweils ausgiebig verwiesen wird. Da waren wir wohl etwas gar blauäugig.

Rolle des Verwaltungsgerichts

Die Offenkundigkeit der Rechtwidrigkeit erlaubte es dem Verwaltungsgericht, eine dem eigenen Selbstverständnis entsprechende aktive Rolle zu spielen:

„Das Verwaltungsgericht wendet das Recht von Amtes wegen an. Das bedeutet zwar nicht, dass es von sich aus eine Verfügung von allen Seiten auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüft. Ist eine fehlerhafte Rechtsanwendung wie hier aber offenkundig, darf das Verwaltungsgericht innerhalb des Streitgegenstands eine Ausgangsverfügung auch wegen anderer als der gerügten Rechtsfehler (teilweise) aufheben […]“ (VB.2020.00652, E. 3.4).

Ich habe Rolle und Selbstverständnis des Verwaltungsgerichts bereits wiederholt im Qi thematisiert. Selbstverständlich hätten wir uns in Besoldungsfragen etwas weniger Zurückhaltung gewünscht. Doch sehen es die Gerichte nicht als ihre Aufgabe an, sich in die demokratische Aushandlung der Löhne einzumischen. Andererseits verstehen sie sich sehr wohl als Garanten des Rechtsstaats. So ist die Rechtsweggarantie im Kanton Zürich nicht nur theoretischer Natur. Das ist gerade auch für kantonale Angestellte von grösstem Wert. Und nicht einfach eine Selbstverständlichkeit.

13. November 2020

Einmalzulagen zugunsten Corona-Einsätzen (Medienmitteilung VPV)

Die Vereinigten Personalverbände (VPV) fordern für 2021 die weitere Auszahlung der Einmalzulagen. Diese sollen zugunsten des Personals mit wesentlichen Mehreinsätzen in Corona-Zeiten entrichtet werden.

Die VPV gehen davon aus, dass die Regierung die Individuellen Lohnanpassungen für 2021 beibehalten wird. Die Einmalzulagen hingegen will die Regierung ersatzlos streichen. Die VPV wehren sich dagegen und sind der Meinung, dass das Personal mit wesentlichen Corona-Mehrarbeiten diesen „Bonus“ entrichtet erhalten soll. Nicht genutzte Beiträge aus den 0,2 % Einmalzulagen sollen den Berufsgruppen in den Spitälern und Altersheimen zur Verfügung gestellt werden, welche wegen Corona eine Mehrbelastung geleistet haben.

Dieser Entscheid hätte auch zur Folge, dass ein solcher Beschluss für die Spitäler (Ärzte und Pflege in Intensivstationen) und Pflegeinstitutionen mit Corona-bedingten Mehrbelastungen Anreiz bildet, für ihr Personal gezielt auch einen „Bonus“ zu entrichten.

Der Applaus für unser Pflegepersonal darf nicht der einzige Dank sein, sondern soll sich auch konkret in finanzieller Hinsicht auswirken.

22. Oktober 2020

Technischer Zinssatz BVK (II)(Medienmitteilung der VPV & des VPOD)

BVK: Kein Kahlschlag, aber ein Signal in die falsche Richtung.

Die Pensionskasse BVK hat heute eine Reduktion des technischen Zinssatzes von 2 % auf 1.75 % bekanntgegeben. Für die Versicherten kommt es dadurch erneut zu einer Kürzung des Umwandlungssatzes. Die Gewerkschaft VPOD und die Vereinigten Personalverbände (VPV) reagieren mit gemischten Gefühlen.

Im September (Medienmitteilung vom 22.9.2020) haben die Gewerkschaft VPOD und die Vereinigten Personalverbände (VPV) des Kantons Zürich die BVK dazu aufgefordert, technische Anpassungen auf das notwendige Minimum zu beschränken und diese sozial verträglich umzusetzen. Der VPOD und die VPV nehmen heute positiv zur Kenntnis, dass die BVK der Forderung nach einer moderaten Anpassung gefolgt ist und mit den Rückstellungen massgebliche Abfederungen finanziert. Trotzdem ist die Senkung des bereits jetzt tiefen Umwandlungssatzes ein schlechtes Signal für die Zukunft der zweiten Säule.
Laut einer Mitteilung der BVK wird per 1. Januar 2022 der technische Zinssatz auf 1,75 Prozent gesenkt. Folglich wird der für die Rentenhöhe massgebliche Umwandlungssatz im Durchschnitt um 0.15 Prozent reduziert. Angesichts der bereits jetzt tiefen, jahrgangsabhängigen Umwandlungssätze von deutlich unter 5 Prozent bei einer ordentlichen Pensionierung ist das eine grosse Enttäuschung. Fabio Höhener, Gewerkschaftssekretär VPOD Zürich: «Seit Jahren kennen Umwandlungssätze in der zweiten Säule nur eine Richtung, und zwar gegen unten. Es darf nicht sein, dass die anhaltend schlechte Renditeerwartung allein auf Kosten der Arbeitnehmenden geht. Die Arbeitgeber müssen sich finanziell stärker an der Sicherung der Renten beteiligen». Durch den tieferen Umwandlungssatz gewinnt die Höhe des Sparkapitals für die Rente noch mehr an Bedeutung. Peter Reinhard, Präsident VPV: «Durch diese Massnahmen sollte wenigstens wieder möglich sein, dass die Sparguthaben der Versicherten wieder höher verzinst werden».

Der VPOD und die VPV begrüssen, dass die Rückstellungen für Aufwertungsgutschriften für alle Jahrgänge eingesetzt werden und für die Jahrgänge ab Alter 60 ein Frankenbesitzstand beschlossen wurde. Sie fordern aber von der BVK Rechenschaft darüber, ob das in der Stiftungsurkunde festgehaltene Leistungsziel von einer Altersrente von 60 % des letzten versicherten Lohnes für alle Jahrgänge noch eingehalten werden kann.

Peter Reinhard, Präsident VPV ZH

16. Oktober 2020

Lohnforderungen 2021

Die VPV fordern für die Lohnrunde 2021:

Stellenerhalt und Weiterbildung sind im Fokus der VPV. Für die Lohnrunde 2021 verzichten die VPV auf klassische Forderungen im grösseren Rahmen nach mehr Lohn. Damit wollen wir der aktuellen Wirtschaftskrise Rechnung tragen und möglichst alle Arbeitsstellen erhalten und Einkommen sichern.

Die VPV fordern vom Kanton und den selbständigen, öffentlich-rechtlichen Betrieben, in die Weiterbildung von Mitarbeitenden und Führungskräften zu investieren, damit diese ihre Skills erweitern, die Krisenresistenz aufbauen und die Arbeitsmarktfähigkeit stärken.

Die Gleichstellungsfragen betreffend Kaderpositionen und Lohnungleichheiten sind zu überprüfen und zu verbessern.

Die neuen BVK-Angebote (Altersrücktritt in drei Schritten, Reduzierung der Eintrittsschwelle, Kaderversicherung, Versicherung des Koordinationsabzugs) sollen übernommen werden und die neuen Anstellungsbedingungen dürfen nicht zu einseitigen Nachteilen beim Personal führen.

Eine Reduktion der Lektionenverpflichtung um 0.5 Lektionen/Woche für alle Lehrpersonen der Sekundarstufe II.

Eine individuelle Lohnerhöhung von mindestens 0,6% und auch die Einmalzulagen von mindestens 0,2% sind beizubehalten.

VPV Kanton Zürich

22. September 2020

BVK-technischer-Zinssatz (I)(Medienmitteilung VPV & VPOD)

Die verbindliche Obergrenze des technischen Zinssatzes droht per Ende September unter 2% zu fallen. Damit müssten viele Pensionskassen ihre versicherungstechnischen Grundlagen nach unten anpassen. So auch die BVK. Die Gewerkschaft VPOD und die Vereinigten Personalverbände (VPV) des Kantons Zürich fordern die BVK auf, Anpassungen auf das notwendige Minimum zu beschränken und diese sozial verträglich umzusetzen.

Der VPOD und die VPV lehnen eine Anpassung des technischen Zinssatzes unter die erlaubte Obergrenze ab. Peter Reinhard, Präsident der VPV: «Die Verbände sind der Ansicht, dass eine minimale Anpassung durch die Auflösung der Rückstellungen von 1,2 Milliarden ohne Renteneinbussen umgesetzt werden kann. Von einer weiteren Anpassung des bereits jetzt tiefen Umwandlungssatzes und der sehr hohen Beiträge ist daher abzusehen.» Zudem sind für alle Jahrgänge Aufwertungsgutschriften als Abfederungsmassnahmen zu finanzieren.

Alles lesen Sie in der gemeinsamen Medienmitteilung der VPV und des VPOD